Backdrop CMS lernt Deutsch

Ich beobachte Backdrop CMS auch hin und wieder, allerdings ist die Flexibilität leider noch nicht in dem Maße erreicht, dass man ausdrücklich einen Umzug von d7 empfehlen kann. Ich habe bspw. eine Webseite, die mit OSM/Open Layers als zentrales Modul arbeitet. Außer SimpleGoogleMaps hat es leider noch kein Kartendienst zu Backdrop CMS geschafft.

Besteht denn eine Kompatibilität mit Drupal 7-Modulen? Das würde ja bedeuten, dass diese auch nach Support-Ende weiter gepflegt werden müssten.

Hallo Sven, anfangs war ich auch sehr skeptisch, was die Modul-Landschaft von Backdrop angeht. Inzwischen nutze ich Backdrop seit 3, 4 Jahren und würde der Einschätzung, dass ein Umzug von Drupal 7 nicht empfohlen werden kann, widersprechen. Zum einen kommt es auf die konkrete Website an, und zum anderen lassen sich fehlende Module manchmal recht leicht ergänzen.

Erst mal zum Konkreten: Was Kartendienste angeht, sieht die Auswahl in Backdrop zur Zeit tatsächlich noch überschaubar aus. Es gibt wirklich nicht viel mehr als Simple Google Maps, dennoch seien bei der Gelegenheit einige interessante Module genannt: Leaflet, IP Geolocation Views and Maps sowie Geocoder, Geofield und Geolocation. Der Status dieser Module ist recht unterschiedlich. Einige laufen offenbar gut, andere haben noch nicht mal ein offizielles Release - letzteres übrigens ein Grund dafür, dass ein Modul nicht auf https://backdropcms.org/modules zu finden ist. Um mehr Aktivitäten in einem bestimmten Bereich mitzubekommen, lohnt sich deshalb eine Suche nach Github-Modul-Repositories auf https://github.com/backdrop-contrib. Dort habe ich schon öfters erfahren, dass ein Modul noch kein Release hat, aber im Prinzip funktionsfähig ist. Oder die Maintainer wünschten sich ausdrücklich, dass ihr Modul getestet wird, um Fehler zu beheben, die das Release verhindert haben. Wenn es dort Module von Interesse für dich gibt, würde ich empfehlen, die Maintainer/innen per zu kontaktieren, indem du ein Issue anlegst oder bestehende Issues kommentierst.

Wenn du ein Drupal-Modul in Backdrop völlig vermisst, besteht die Möglichkeit, es selbst zu portieren oder einen sogenannten Port request zu posten. Anlaufstelle für beide Wege ist die folgende Github queue: https://github.com/backdrop-ops/contrib/issues. Wie leicht es ist, ein Modul selbst zu portieren, hängt natürlich von den eigenen Fähigkeiten ab. Ich selbst bin z.B. kein Programmierer und würde mich alleine nur an ganz einfache Module heranwagen. Mit Unterstützung anderer habe ich aber auch schon mal etwas komplexere Projekte portiert. Apropos "Unterstützung": Die würdest du auf jeden Fall finden, sowohl technisch (beispielsweise durch das Hilfsmodul "Coder upgrade") und vor allem durch die sehr hilfsbereite Community. Ein erster Schritt könnte sein, im Livechat https://backdrop.zulipchat.com zu fragen, ob bereits jemand OpenStreetMap mit Backdrop nutzt oder auch bei einer Modul-Portierung helfen kann.

Du fragst noch, ob eine Kompatibilität mit Drupal-Modulen besteht. Backdrop hat einen Drupal-Komtabilitätsmodus. Wenn du dich auf diesen Modus verlässt, kannst du manche Module durch das Ändern formaler Angaben für Backdrop kompatibel machen. Wenn das Modul die Vorteile von Backdrop nutzen soll, empfehlen sich jedoch weitere Änderungen, z.B. statt Speichern der Konfiguration in der Datenbank (D7) die Nutzung von Konfigurationsdateien (Backdrop), was dann auch das sehr hilfreiche Konfigurationsmanagement ermöglicht. Wenn ein Modul in D7 noch weiterentwickelt wird oder Bugfixes bekommt, integrieren viele Backdrop-Modul-Maintainer/innen diese Verbesserungen. Und wenn ein Modul in D7 irgendwann nicht mehr entwickelt wird, geht es eben nur in Backdrop weiter. Beantwortet das deine Frage?

Zuguterletzt: Du schreibst ja, dass du Backdrop immer mal wieder beobachtest. Das habe ich auch lange getan. Um dann mal aus dem Beobachterstatus herauszukommen, habe ich irgendwann eine eher einfache, neue Website mit Backdrop gebaut und mich bei Fragen oder Problemen an die Community gewendet. All das hat mir so gut gefallen, und es hat so gut geklappt, dass ich mich dann auch an komplexere Projekte und an D7-Upgrades getraut habe und nicht mehr auf das CMS verzichten möchte.

Danke für dein ausführliches Feedback. Ich werde mal eine Test-Migration starten. Ehrlich gesagt finde ich die Composer-Lösung von Drupal 8 dahingehend angenehm, dass er benötigte Skripte etc. direkt in die Drupal-Installation lädt, man also keinen Vollzugriff auf den Server benötigt. Soetwas vermisse ich bei Backdrop noch oder habe es übersehen.

Ich las, dass man auch Drupal-Module direkt in Backdrop installieren kann. Es wäre natürlich schön, wenn auch ein Support für Drupal 8-Module bestehen würde, da einiges für Drupal 7 nicht mehr entwickelt wird. Aber ich werde mich mal tiefer damit befassen.

Vielleicht bekommt Backdrop ja auch hier einen Platz, da es ja quasi zur Familie gehört...

Ich bin gespannt auf deinen Test! Vielleicht am besten mit einem einfachen Projekt beginnen, um erstmal ein Gefühl für den "Backdrop way" zu bekommen. Ungewohnt, aber sehr schön ist z.B. das Layout-System.

Composer spielt bei Backdrop im Grunde keine Rolle, aber es gibt gute Alternativen: Contrib-Projekte mit offiziellem Release lassen sich direkt über den im Backend integrierten "Project Browser" installieren. Und Contrib-Module, die 3rd-party-Libraries nutzen, liefern die Library in aller Regel direkt mit, du musst sie also nicht selbst irgendwo herunterladen und integrieren.

Drupal-8-Module werden in Backdrop nicht unterstützt, das wäre bei der völlig anderen Systemarchitektur wohl auch kaum möglich. Für Anforderungen, die von Drupal-7-Modulen nicht mehr abgedeckt werden, werden jedoch immer wieder mal native Backdrop-Lösungen entwickelt. Das ist ja das Schöne an Backdrop: dass es im Gegensatz zu D7 aktiv weiterentwickelt wird.

Also ich finde ja, dass der Fokus sich gar nicht so sehr verändert hat. Die deutsche Drupal Community hat es nur nicht geschafft, dass zu vermitteln.Klar, wir haben jetzt Kommandozeilen-Tools wie Composer und Drush richtig schön zum Standard gemacht und ja es gibt auch einige Drupal 7 Module nicht mehr.

Dafür funktioniert vieles, wofür man früher ein Extra-Modul brauchte jetzt einfach direkt im Core und andere kleinere Funktionen wurden in große Contrib-Module gebündelt. Ich glaube, Backdrop hat durchaus seine Berechtigung bei Leuten, die nicht bereit send umzudenken und neies zu leren und somit bei den alten Drupal 7 Konzepten bleiben möchten. Das sich der Fokus von Drupal verändert hat, sehe ich aber nicht. Drupal hat sich weiterentwickelt. Wo früher ein Webspace für 1,50 € im Monat ausgereicht hat, um Drupal zu betreiben, ist es heute besser 10 € auszugeben, um die Leistung und Geschwindigkeit abzurufen, die man mit Drupal erreichen kann, Kommandozeilenwerkzeuge wie Drush und Composer erfordern standardmäßig SSH Zugriff usw. Aber das ist keine Verschiebung des des Fokus..

Das ist einfach eine Weiterentwicklung, die nicht alle mitgehen.

Trotzdem bin ich gespannt auf deinen Test und auch auf die Übersetzung, die es für Backdrop geben wird. Für Drupal gibt es über 9 Millionen Zeichenfolgen, die in der Theorie übersetzt werden können. Macht natürlich keiner. Vor allem nicht regelmäßig und konsequent, bis auch über 9 Millionen Übersetzungen eingepflegt wurden. Der Aspekt wird für mich wohl der spannendste. Wenn Backdrop jetzt deutsch lernt. Wird es dann eine engagierte Community von Übersetzern geben, die sich wirklich zum Ziel setzt, nicht nur das Kernsysstem, sondern auch alle Contrib Module nach und nach und mit einem Plan zu übersetzen, bevor sie mit Strings so überflutet wird, wie das bei Drupal zwischen Drupal 6 und Drual 7 der Fall war.

Bis jetzt sehe ich auf backdropcms.org noch gar keine Download.Möglichkeit für übersetzungen.

Ich finde es ja gut, wenn sich 3 gestandene Programmierer entscheiden, alle mitzunehmen, die auf Drupal aus diversen Gründen einfach keine Bock mehr haben.

Ob man das dann so bezeichnen kann, dass Backldrop deutsch lernt, weiß ich nicht.

Aus meiner Sicht hat Backdrop dann deutsch gelernt, wenn Einsteiger die gar keine Ahnung von einem CMS haben Backdrop installiert haben und mittels der Benutzeroberfläche Dinge lernen könne wie Seo CSS-Techniken wie Breakpoints und Mediaquerries und und und.

Bei Drupal klappt das Dank der Übersetzung mit genug willen, mal den deutshen Teil der Online-Hilfe und die Beschreibungstexte eines Moduls wie Meta-Tag durchzulesen quasi schon im Selbststudium..

Ob das bei Backdrop auch so klappt, bleibt abzuwarten. Ich würde es dem CMS wünschen.

Hallo dinmikkith, Du sprichst eine wichtige Sache an mit der deutschen Benutzeroberfläche. Es klappt schon ganz gut, aber noch nicht so wie in Drupal, keine Frage. Aber das Ziel ist ja jetzt, mehr Leute ins Boot zu holen, getreu dem Opensource-Gedanken.

Aber abgesehen davon finde ich schon, dass sich die beiden Projekten inzwischen erheblich unterscheiden – so soll es ja auch sein. Geht es um KMU-Websites, ist Backdrop m.E. inzwischen klar im Vorteil, das Sitebuilding ist massiv schneller. Letztlich überzeugt hat mich aber vor allem das Konfigurations-Management, gerade wenn man wie ich oft Websites mit ähnlichen Funktionen erstellt. Ich hatte zuvor Monate verbracht (wenn auch nicht am Stück;-), mit Drupal 8 ein paar wiederverwendbare Features zu erstellen und musste schliesslich enttäuscht aufgeben.

Backdrop CMS soll sich anschauen, wer mit D7 eigentlich ganz zufrieden war, eher klassische Websites erstellt, und vielleicht sogar ältere Projekte am Laufen hat, die immer noch D7 sind, oder sogar schon Drupal-Alternativen in Betracht gezogen hat. Er oder sie wird möglicherweise begeistert sein, was sich in fünf Jahren Weiterentwicklung aus der "Drupal-7-Philosophie" herausholen liess.

Wer jedoch statt an Websites immer mehr an Digitalisierungsprojekten arbeitet, in verschiedenen Kanälen denkt, viele Schnittstellen benötigt, online verkaufen will oder 1000 Besucher pro Minute hat, der wird bei Drupal bleiben, und das ist gut so;-)